Patchwork-Familie, ein schweres Stück Arbeit
Wer sich nach der Scheidung oder nach dem Tod des Partners auf eine Patchwork-Familie einlässt, geht ein nicht geringes Risiko ein. Er darf sich zwar freuen, eine neue Liebe und einen Lebensgefährten gefunden zu haben. Aber sowohl die Kinder als auch der neue Schatz können für außergewöhnliche Belastungen sorgen, die in einer klassischen Paar-Beziehung in dieser Form nicht vorkommen.
Patchworks müssen nicht zwangsläufig verheiratet sein. Einige leben auch ohne Trauschein zusammen. Auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Kindern kommen heutzutage immer öfter vor. Bei allen Beziehungs-Modellen stellt sich die Frage: wie bringe ich es meinem Kind bei? Wie stelle ich den neuen Partner vor. Wie begegne ich der Trotzigkeit der Kids und der Angst, die Liebe der leiblichen Mutter bzw. des Vaters zu verlieren? Um diese Themen geht es in diesem Beitrag.
Patchwork kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt Flickwerk oder Stückwerk. Und in der Tat ist es so, dass eine bunt gemischte Familie wie ein schwer zu durchschauender Flickenteppich wirkt. Manchmal mit guten, aber häufig auch mit weniger guten Erfolgsaussichten auf eine dauerhafte Beziehung.
Neuer Partner ahoi – der Weg zum Patchwork-Glück
Ungefähr jedes zehnte Kind lebt in einer Familie, in der es mit einem Stiefvater oder mit einer Stiefmutter zurechtkommen muss. Die beiden Alleinerziehenden haben sich nach der Trennung gefunden und ineinander verliebt. Nun gilt es, auch den Nachwuchs davon zu überzeugen, dass die Patchwork-Familie für alle Beteiligten eine gute Lösung ist.
Einerseits muss das Paar den Erwartungen des neuen Lebenspartners gerecht werden. Andererseits müssen Verhaltensweisen gefunden werden, die es den Kindern leichter machen, das neue, fremd wirkende Familienmitglied und auch dessen Tochter und Sohn zu akzeptieren.
Wer nach einer Scheidung zu einem Single mit Kind geworden ist, hat es besonders schwer, wieder einen Liebsten zu finden. Die Skepsis ihm gegenüber ist groß, sowohl im gewöhnlichen Leben als auch bei der Online-Partnersuche.
Wer will sich schon einen Menschen mit Kind ans Bein binden, wenn es auch einfacher geht. Und wenn es da draußen genügend kinderlose Singles gibt. Wer reißt sich schon darum, sich auf die Zickigkeiten von Stiefkinder einstellen und sich selbst zurücknehmen zu müssen. Und dennoch tun es viele, es muss also möglich sein. In diesem Ratgeber erhalten Sie Tipps, wie es funktionieren kann mit der Flickenteppich-Gemeinschaft.
Zusammenhalt und Zusammenleben der Patchwork-Familie
Zunächst einmal ist es wichtig, dass ein Alleinerziehender sich nach der Trennung zu 100 Prozent vom Ex distanziert. Das braucht eine gewisse Zeit. Den meisten ist es nicht möglich, sich 4 Wochen nach dem Zusammenbruch der Beziehung gleich wieder auf eine neue Liebe einzulassen.
Nur wenn man die Trauer ausgelebt und überwunden hat und dem alten Lebenspartner emotionslos gegenübersteht, nur dann macht es für einen Mann oder eine Frau mit Kind Sinn, jemand kennenzulernen, sich eventuell zu verlieben und das Wagnis einer Patchwork-Familie einzugehen.
Solche Menschen sind gebrannte Kinder. Sie haben schon einmal einen Traumpartner gehabt bzw. geheiratet. Man hat Nachwuchs gezeugt und ist dann auseinander gegangen. Der Traum von der großen Liebe hat sich in Luft aufgelöst.
Diesen Fehler wollen Patchworks nicht wiederholen. Man sollte sich nicht vorstellen, dass mit dem neuen Partner eine reibungslose Bilderbuch-Ehe entstehen wird. Selbst wenn er noch so toll, charmant und liebreizend erscheint, führt eine zu große Erwartungshaltung mit einiger Sicherheit zu Enttäuschungen und zur erneuten Trennung.
Stattdessen ist es wichtig, dass die Patchwork-Familie zueinanderfindet, sich gegenseitig zu tolerieren lernt und zusammenhält. Das gilt für alle: für das Paar, für die eigenen Kinder, für den Stiefsohn und für die Stieftochter
Das ist leichter gesagt als getan. Vor allem die Kids sind es, welche die neue Beziehung auf eine harte Probe stellen. Sie sind motzig, sie lehnen den Ersatzpapa bzw. die Ersatzmama als Störenfried ab. Dem gilt es entgegenzuwirken. Zum Beispiel durch vorsichtige Annäherung, durch Überzeugungsarbeit und durch gemeinsame Unternehmungen mit dem zweifelnden Kind. Zum Beispiel durch eine Wanderung, eine Fahrradtour, ein Ausflug ins Grüne oder mit dem Besuch eines Freizeitparks.
Ganz besonders brenzlig wird die Lage, wenn Singlemama oder Singlepapa nicht mehr allein für die Erziehung ihres Kindes zuständig sind. Wenn auch der Partner ein Wörtchen mitreden will. Er spielt sich wie der leiblicher Erzeuger auf. Er spricht Verbote aus und will mitentscheiden in Schul-Angelegenheiten, in der Erziehung, im Benehmen und im Freizeitleben des Kindes.
Das geht in vielen Fällen nicht gut. Die Patchwork-Familie gerät in eine Krise. Der Sohn sagt aufmüpfig: was bildest du dir ein, du bist nicht mein Vater. Die leibliche Mutter sieht sich in einer Zwickmühle. Sie kann und will sich weder eindeutig auf die Seite des neuen Lebensgefährten noch auf die des Kindes stellen. Ihre Vermittlerfunktion führt häufig zu Konflikten, die nicht selten zur Auflösung der Patchwork-Beziehung führen.
Neuer Partner trifft das Kind zum ersten Mal
Wenn aus Single-Mama und Single-Papa ein Liebespaar wird und noch Nachwuchs mit im Spiel ist, ergeben sich häufig kritische Situationen, die zu meistern sind.
Zunächst einmal geht es darum, dem eigenen Kind den Neuen schmackhaft und bekannt zu machen. Es wäre fatal, wenn der neue Schatz unverhofft zu Besuch kommt. Und die Mama sagt zu der Tochter: darf ich vorstellen, das ist dein neuer Daddy, mein Liebhaber. Das wirkt wie ein Schock auf das Kind. Es wird dem Unternehmen Patchworkfamilie von vornherein ablehnend gegenüberstehen.
Der Alleinerziehende muss seinen Nachwuchs behutsam darauf vorbereiten, dass sich etwas ändern wird. Dass man sich als Single so allein fühlt und gern wieder einen neuen Partner an seiner Seite hätte. Dass man einen Menschen kennengelernt hat, der ebenfalls Kinder hat.
Freust du dich nicht, dass du Geschwister bekommst? Die müssen am Anfang ja gar nicht bei uns einziehen. Und vor allem: Ich liebe dich über alles. Auch wenn ich jetzt wieder einen Lebensgefährten habe: nur du bist mein eigen Fleisch und Blut, zwischen uns wird sich nie etwas ändern. Das Kind wird vielleicht eine Weile verstört und sauer sein. Es braucht nun etwas Zeit, um sich mit der neuen Situation anzufreunden.
Der zweite Schritt hin zur Patchworkfamilie ist das Bekanntmachen des neu gewonnen Partners mit seinem Nachkommen bzw. mit der Kinderschar. Das sollte man allerdings erst in Erwägung ziehen, wenn man sich ganz sicher ist, dass man sich liebt und künftig als Paar zusammenleben will.
Dann kommt der/ die Neue zunächst zu einem Kurzbesuch. Er stellt sich vor, erzählt einiges von sich und macht ein paar Späße. Nun muss abgewartet werden, wie der Sohnemann und das Töchterchen in der nächsten Zeit darauf reagieren wird. Man lässt sie zunächst ganz in Ruhe. Später wird man das Thema Stiefvater bzw. Stiefmutter ansprechen und fragen, ob Interesse besteht an einem lustigen Patchwork-Ausflug.
Partnerbörsen für Alleinerziehende:
Die Besten im Überblick
Kindeswohl + Partnerliebe = glückliche Familie
Sowohl der Alleinerziehende als auch sein neuer Gefährte müssen Rücksichten nehmen auf die eigenen Sprösslinge und gleichzeitig auf den Partners. Im Zweifelsfall bestimmt die Gefühlslage von Sohn und Tochter über das Tempo der Familienzusammenführung.
Die Bedürfnisse von Kleinkindern und Teenagern sollten in jedem Fall Vorrang haben. Dabei hat es sich erwiesen, dass Vorschulkinder viel leichter mit den veränderten Verhältnissen zurande kommen als größere. Denn die sehen im abwesenden Elternteil den rechtmäßigen Vater bzw. die Mutter. Der Neue ist für Heranwachsende ab 6 oder 8 Jahren nichts weiter als ein bösartiger Eindringling, der ihnen Zuneigung und Nestwärme des Alleinerziehenden rauben will.
Auf der anderen Seite, darf der neue Partner sich aber auch nicht alles gefallen lassen. Das Stiefkind muss lernen, wie weit es gehen darf mit Beschimpfungen, Wutausbrüchen und mit dem Ignorieren. Außerdem darf die Liebe zwischen Frau und Mann zu Beginn der Patchwork-Beziehung nicht zu kurz kommen. Die beiden müssen sich genügend Freiräume schaffen für zärtliche Momente, für Gespräche unter vier Augen und für die Befriedigung sexueller Lust. Es kann sich als ein schwieriger Balanceakt herausstellen sowohl die Wünsche des Kindes als auch die Grundbedürfnisse einer Paar-Beziehung zu erfüllen.
Eingewöhnungsphase in der Patchworkfamilie
Diese ist nicht ganz normal, meinen viele. In der klassischen Familie wachsen die Kinder mit Vater und Mutter auf. Es gibt nur vergleichsweise geringe Probleme, die Eltern werden als selbstverständlich hingenommen. Niemand ist da, der das Familienglück stören könnte – außer vielleicht den Schwiegereltern.
Anders sieht es aus in der nun entstandenen Patchwork-Gemeinschaft. Der neue Partner muss erst hineinwachsen, sich beweisen und angenommen werden. Solange ein Kind den Stiefvater bzw. die Stiefmutter nicht als vollwertiges Familienmitglied akzeptiert hat, wird die Beziehung darunter leiden.
Besonders schwierig ist der Umgang mit Pubertierenden. Sie neigen sowieso schon dazu, alles zu hinterfragen, eigene Rechte durchzusetzen und das alleinerziehende Elternteil kritisch zu betrachten. Das gilt erst recht für den Menschen, der sich anmaßt, der Mama bzw. dem Papa Liebesgefühle entgegenzubringen. Wie kann man damit umgehen?
Der hinzugekommene Lebenspartner sollte sich darüber im Klaren sein, dass nicht er selbst es ist, der abgelehnt wird. Sondern nur die veränderte Situation. Er sollte sich Mühe geben, die Ängste des fremden Kindes zu verstehen und in bedächtigen Gesprächen darauf einzugehen: Ich liebe deine Mutti. Aber ich bin nicht zu euch gekommen, um dir irgendetwas streitig zu machen.
Dem/ der Neuen wird eine ganze Menge Geduld abverlangt. Er muss versuchen, die Sympathie des Kindes oder zumindest ein Waffenstillstandsabkommen zu erlangen. Das gelingt am besten, indem man sich dem neuen Partner mit Kind vorsichtig annähert. Und nicht nach wenigen Wochen in dessen Wohnung einzieht. Mit zunehmender Akzeptanz wird er immer öfter über Nacht dort schlafen. Bis er irgendwann das Gefühl hat, dass dem Patchwork-Glück kaum noch Widerstände im Weg stehen.
Das Kind darf auf keinen Fall den Eindruck bekommen, man wolle den leiblichen Vater bzw. die Mama in den Hintergrund drängen. Viel besser ist es, wenn der neue Partner die Rolle eines kameradschaftlichen Freundes/ einer Freundin einnimmt. Damit kann der Nachwuchs viel besser klarkommen.
Ferner sollte er dem Kind seine Zuneigung zeigen. Er wird ohne Bevormundung und ohne aufdringliches Verhalten für es da sein. Es kann ein langer und steiniger Weg sein zu einer glücklichen Patchwork-Familie. Aber es ist möglich, wenn man genügend Geduld mitbringt, dem fremden Kind genügend Zeit widmet, den Eigennutz begrenzt und natürlich den Partner von Herzen liebt.